TRANSPARENZ, ÖFFENTLICHKEIT, URTEILSKRAFT
Universität Oldenburg, 08.-11.11.2018
Hannah Arendts Notizen, jetzt im Archiv der Universität Oldenburg, geben einen unmittelbaren Einblick in die vielfältigen Bewegungen ihres Denkens. Begriffe werden nicht festgeschrieben, sondern mit Zitaten anderer Autorinnen und Autoren umkreist, maschinengeschrieben durchgestrichen und neu gefasst. So entsteht ein Beziehungsgebilde, das auch widersprüchliche Aspekte miteinander verbindet, analog zu ihrer Auffassung des öffentlichen Raumes, der „gleichzeitigen Anwesenheit zahlloser Aspekte und Perspektiven, in denen ein Gemeinsames sich präsentiert und für die es keinen gemeinsamen Maßstab und keinen Generalnenner geben kann. Denn wiewohl die gemeinsame Welt den allen gemeinsamen Versammlungsort bereitstellt, so nehmen doch alle, die hier zusammenkommen, jeweils verschiedene Plätze in ihr ein, und die Position des einen kann mit der eines anderen in ihr so wenig zusammenfallen wie die Position zweier Gegenstände. Das von Anderen Gesehen- und Gehörtwerden erhält seine Bedeutsamkeit von der Tatsachen, dass ein jeder von einer anderen Position aus sieht und hört.“
Hannah Arendt, Vita Activa, München/ Zürich: Piper, 1981: S. 71
Das künstlerische Projekt Tea Pavilion der Berliner Künstlerin Dorothee Albrecht wurde erstmals zur Guangzhou Triennale 2008 realisiert, die sich mit einer Neubefragung postkolonialer Verhältnisse befasste. Der Tee als Getränk und als Metapher vermittelt zwischen tausendjähriger Teekultur, Kolonialgeschichte und der sozialisierenden Tasse Tee, die entspannt in zivilen Räumen getrunken wird. Differenzen und Gemeinsamkeiten werden in ein Spannungsfeld gebracht, während durch die wechselnden Blickwinkel, die eingenommen werden, der Raum des Tea Pavilion immer wieder neu befragt und produziert wird.
Ein Pavillon erscheint in Zeiten weltweiter Veränderungen als adäquater Möglichkeitsraum: flexibel und beweglich genug, um auf die veränderlichen Bedürfnisse an einem Ort reagieren zu können.
Tea Pavilion – Dwelling on the Contemporary Globe – Starting with Hannah Arendt geht von Dokumenten des Hannah Arendt Archivs der Oldenburger Universität aus und verbindet historische und aktuelle Momente mit übergreifenden Themen wie Exil, Fremdheit, Individualisierung und der Frage, wie man sich in einer globalisierten Welt einrichten kann. Es entsteht eine Text-Bild-Video-Assemblage, eine Art Wörterbuch im Raum, ein Ort, der benutzt werden kann und auch zum Teetrinken einlädt.
Plurale Konstellationen in Bewegung:
-Das Gebäude des Tea Pavilion umfasst die verschiedenen Konstellationen, die meist als Beitrag zu Ausstellungszusammenhängen entstanden sind, beginnend mit Starting from Guangzhou (Guangzhou Triennale 2008), Starting from Sao Paulo (Sao Paulo Biennale 2010) und Starting from Kochi-Muziris (Kochi- Muziris Biennale 2012/2013) und wird vor Ort aktualisiert.
- Tea Materials, 2018 – Bilder von Teekannen, -gefäßen, -materialien, -anbaugebieten aus unterschiedlichen Regionen und kulturellen Kontexten.
- Plurale Konstellationen, die von Hannah Arendt inspiriert sind – Begriffe aus ihren Notizen wie Ziviler Ungehorsam, Revolution, Vorstellungskraft, Gewissen, Minderheiten, Pluralität und Neubeginnen, Bilder wie die von der „Absoluten Zerstörung“ zeugende Erdbeben-Bilder aus Haiti (Haiti – Dwelling on Ruins, 2017) oder Bilder zerstörter Straßenzüge in Homs (Homs – Dwelling on Ruins, 2017)) , Bilder absoluter Freiheit ,wie die aus Nelson Mandelas Zelle, in der er 18 Jahre gelebt hatte (Nelson Mandelas Zelle auf Robben Island, 2005 / 2018).
- Plurale Konstallationen, die sich direkt auf die Themen der Tagung beziehen. (Wikipedia. Fake News, Spin-Doctor, Transparenz, Totalität, Édouard Glissant, Öffentlichkeit)
- Favorite Quotes – Hannah Arendt, Édouard Glissant, Shalini Randeria
Tea Pavilion Oldenburg–
Dwelling on the Contemporary Globe – Starting with Hannah Arendt wurde gefördert durch das Hanse-Wissenschaftskolleg (Institute for Advanced Study, HWK).
Die Abbildungen der Notizen von Hannah Arendt werden mit freundlicher Genehmigung des Hannah Arendt-Archiv der Carl von Ossientzky Universität Oldenburg gezeigt.
Kuratiert von Monica Meyer-Bohlen